Wenige Tage nachdem sie
aus dem Orkland zurückgekehrt waren, lagen die Kriegshämmer frisch
poliert im Versammlungsraum des Ordens auf dem Tisch der Zwölf, und zwar
jeder auf dem Platz, der den entsprechenden Ordensbruder durch die in
der Tischplatte zu findende Intarsie repräsentierte. Elessar hatte vor
Amras Abreise nach Nuru das Wichtigste mit dem Zahlmeister der Gilde
besprochen und die wichtigsten Vorbereitungen, die die bevorstehende
Paladinweihe betrafen, waren inzwischen getroffen, so dass der Elf
endlich etwas Ruhe fand, um sich mit dem Inhalt des Buches, das sie
zusammen mit den Kriegshämmern im Tempel der Sonne gefunden hatten,
vertraut zu machen. Nach einiger Zeit hatte er die wenigen Seiten, die
nicht nur aus Text, sondern auch aus anschaulichen Skizzen bestanden,
mehrmals durchgelesen und so machte er sich auf den Weg nach draußen, um
Brandur zu suchen; der Zwerg war ein Meister des Axtkampfes und aus
diesem Grund wollte er diesen bitten, ihn beim ersten Training im Umgang
mit der neuen Waffe behilflich zu sein.
Bevor er den
Versammlungsraum verließ, trat er an den Tisch und begutachtete die
Kriegshämmer, die dem Orden in Zukunft im Kampf gegen das Böse beistehen
sollten. Während ein Teil der Hämmer komplett aus Metall geschmiedet
war, besaß ein anderer Teil Schäfte aus dunklem, fast blauschwarz
schimmernden Eschenholz, die wohl in einem besonderen Verfahren gehärtet
und mit den massiven, geschmiedeten Waffenköpfen fest verbunden waren;
die Schäfte maßen ein bis anderthalb Armlängen und waren in der Länge
somit mit schweren Kriegsäxten vergleichbar. Dies war auch der Grund,
warum Elessar mit seiner Bitte an Brandur herantreten wollte, denn er
stellte sich vor, dass der Kampf mit dem Kriegshammer in etwa mit dem
Kampf mit einer Axt vergleichbar sein könnte. Der Kriegshammer, der auf
seinem Platz lag, musste komplett aus Mithril gefertigt sein, denn trotz
aller Festigkeit, die er augenscheinlich besaß, war er ungewöhnlich
leicht und ließ sich sowohl ein-, als auch beidhändig führen. Zumindest
diese Erkenntnis hatte der Paladin gewonnen, als er die Waffe eingehend
untersucht und immer wieder bedächtig in den Händen gewogen hatte. Wann
immer er den Kriegshammer berührte, spürte er ein seltsames Prickeln in
den Handflächen, als wolle die Waffe ihm mitteilen, dass sie zu ihm
gehöre und wenn er genau hinsah, meinte er sogar ein sanftes Aufleuchten
der Intarsie, die sich im Waffenkopf befand, zu bemerken; so auch
diesmal, als er den Hammer aufnahm und den Versammlungsraum verließ.
Den Hammer lässig über
die Schulter gelegt, betrat Elessar den Tempelgarten, wo er an diesem
Tag, wie so oft in letzter Zeit, Fianna und Brandur zu finden hoffte und
tatsächlich fand er die beiden in der Nähe der Stelle, an die der
Paladin selbst sich für seine Meditationen zurückzuziehen pflegte. Das
ungleiche Paar war in ein angeregtes Gespräch mit Elenlantar Ranar, der
Mutter des Lichtes vertieft und Elessar gesellte sich zu dem Trio, wobei
er sie jedoch lediglich mit einem Nicken begrüßte, um das Gespräch nicht
zu unterbrechen. Er ließ sich unweit im Gras nieder, legte den
Kriegshammer neben sich und wartete, bis das Gespräch beendet war, wobei
er immer wieder mit den Händen über den Schaft der Waffe strich; dann
erhob er sich und sprach zu Brandur:
"Gevatter, ich wollte
Euch bitten, Euch ein wenig Zeit für einen Trainingskampf mit mir zu
nehmen; ich würde gerne alsbald den Umgang mit den wiedergefundenen
Kriegshämmern erlernen und denke, Ihr seid genau der rechte Lehrmeister!
Mich dünkt, dass der Umgang mit dieser Waffe dem Kampf mit einer
Kriegsaxt ähneln müsste."
Der Priester hielt
seinem Ordensbruder den Kriegshammer hin und fügte hinzu:
"Was meint Ihr, mein
Freund?"
Der Zwerg schien den
Hammer zuerst nicht entgegen nehmen zu wollen und erst nach einem
aufmunternden Nicken des Paladins streckte er seine Hände aus und
ergriff die Waffe; er wog sie einen Augenblick in den Händen und
betrachtete sie unschlüssig von allen Seiten, bevor er sie zurückgab und
erwiderte grinsend:
"Damit wollt Ihr
kämpfen? Nun ja, sie ist etwas kopflastiger als meine Axt, aber immer
noch hervorragend ausbalanciert!"
Etwas ernster fügte er
hinzu:
"Wir werden sehen,
wie Ihr Euch damit anstellt, aber erwartet nicht, dass es so einfach
ist, als würdet Ihr mit Eurem Schwert kämpfen! Wenn Ihr wollt, können
wir jederzeit beginnen."
Elessar nickte erfreut
und erwiderte:
"Ich wäre erfreut,
wenn wir sofort beginnen könnten! Aber seht, was ich hier habe! Zusammen
mit den Kriegshämmern fanden wir ein Buch, das ein wenig die
Kampftechnik erläutert; möglicherweise kann es uns ja von Nutzen sein."
Der Paladin reichte dem
Zwerg das Buch und wartete, bis dieser die Seiten überflogen hatte. Als
Brandur fertig war, reichte er das Buch zurück und meinte grinsend:
"Paaaah! Das werden
wir nicht zum Anfang nicht brauchen! Ich zeige Euch erst einmal, wie Ihr
Eure Waffe zu halten habt!"
Sodann begannen die
beiden Freunde mit dem Training, in dessen Verlauf Elessar lernte, wie
man den Kriegshammer ein- und beidhändig zu führen hatte, um mit der
größtmöglichen Wucht einen Schlag zu landen, ohne von dem Schwung
mitgerissen zu werden. Brandur bemerkte, dass die Kampftechnik der des
Axtkampfes wirklich ähnlich war und so war es ihm ein Leichtes, dem
Paladin auch einige Kniffe zu zeigen, die er gerne und vor allem dann
anwendete, wenn er gegen Gegner kämpfte, die ebenfalls eine Axt trugen.
Auch das Blocken eines Angriffs mit beidhändig geführtem Hammer hatte
Elessar schnell im Griff, so dass er auch bei Verlust seines Schildes
nicht ungeschützt dastehen würde. Dass der stumpfe Waffenkopf nicht
unbedingt ein Nachteil gegenüber der geschärften Klinge einer Axt war,
musste Brandur am eigenen Leib erfahren, als er während des Trainings
einen Schlag gegen den Brustkorb mit voller Wucht hinnehmen musste; die
Wucht des Waffenkopfes war so groß, dass sein Plattenpanzer eine tiefe
Delle davontrug und - wie er später feststellen musste - einige Ringe
des Kettenhemdes, das er darunter trug, gesprengt worden waren, so dass
er einige Stunden damit zubringen musste, den Schaden zu beheben.
Elessar, der nicht beabsichtigt hatte, seinen Freund dermaßen hart zu
treffen, sprang zu ihm hin, half ihm auf die Beine, nachdem er zu Boden
gegangen war und entschuldigte sich mehrmals. Mit einem Grummeln und
einem gleichzeitigen schalkhaften Blick winkte der Zwerg ab und meinte:
"Lasst gut sein,
werter Freund! Ihr habt mir nicht nur eindrucksvoll bewiesen, dass Eure
neue Waffe sehr effektiv ist, sondern auch, dass Ihr sehr schnell lernt
- wie das schon immer der Fall war! Ich denke, dass wir für heute unser
Training beenden können!"
Der Paladin verbeugte
sich und erwiderte mit einem Augenzwinkern:
"Habt Dank für Eure
Worte, Gevatter! Und lasst mich Euch zu ein, zwei Humpen Zwergenbier in
der Schenke einladen, damit Ihr Eure "Schmach" vergessen könnt!"
Allerdings wäre ich
sehr erfreut, wenn Ihr mich demnächst nach Drachenauge begleiten
könntet, damit ich mit Eurer Hilfe das Training an der Akademie
intensiver fortsetzen könnte. Wäre das möglich?"
Brandur quittierte
Elessars Bemerkung mit einer hochgezogenen Augenbraue, doch er merkte,
dass der Elf lediglich scherzte und so nickte er zustimmend und gab auch
seine Einwilligung, diesen nach Drachenauge zu begleiten; dann machten
die beiden sich auf den Weg in das Gasthaus.
~/~
Einige Tage später stand
Elessar wieder einmal vor dem riesigen Gebäude der Akademie des Reiches;
er war mit seinem Freund und Ordensbruder, dem Zwerg Brandur
Feuerschmied angereist, um eine weitere Prüfung zu bestehen. So betraten
die beiden die große Halle der Akademie und schritten zu dem großen
Tisch, an dem wie immer Lurenz, den er nun bereits von seinen letzten
Besuchen her kannte, zu finden war; er grüßte ihn mit einem freundlichen
Lächeln:
"Paladin zum Gruße,
werter Lurenz! Erneut möchte ich mich in einer weiteren Fähigkeit
weiterbilden; da das Wissen um diese Fähigkeit wie immer allein den
Angehörigen meines Ordens vorbehalten bleibt, habe ich einen Lehrmeister
dabei, der meine Ausbildung durchführen wird. Ich möchte Euch also wie
beim letzten Mal um die Bereitstellung eines geeigneten Raumes bitten,
wobei wir diesmal ein Kampftraining durchführen werden"
Lurenz begrüßte die
beiden freundlich, blätterte kurz in dem großen Buch, das vor ihm lag
und verwies sie dann in die im Erdgeschoss liegende große
Trainingshalle, die derzeit frei war; er erklärte ihnen die Lage des
Raumes und sodann machten Elessar und Brandur sich auf den Weg. Dort
angekommen schaute Brandur sich um, um zu sehen, was er alles an
brauchbaren Dingen finden konnte; dabei erklärte er Elessar grinsend:
“Da Euer Kriegshammer
einen stumpfen Waffenkopf besitzt, nutzt es uns wenig, mit den
Standardübungen für den Axtkampf zu beginne, denn Ihr werdet es kaum
schaffen, ein Stück Holz zu spalten. Aus diesem Grunde habe ich mir
etwas anderes ausgedacht; aber das werdet Ihr noch früh genug sehen!“
Er schritt zu einer
Reihe Übungspuppen und machte sich daran zu schaffen, dann nickte er und
winkte den Paladin mit einer Geste herbei:
“Eure erste Übung
besteht darin, den einhändigen Kampf zu verbessern; versucht drei dieser
Puppen mit jeweils höchstens drei Schlägen zu ‚töten’ und achtet darauf,
dass Ihr bei jedem Schlag genügend Freiraum habt, um einen möglichen
Gegenangriff mit Eurem Schild zu blocken.“ Brandur zwinkerte Elessar
zu und fügte hinzu “Denkt Euch einfach, Ihr schlagt wie beim letzten
Mal auf mich ein!“
Elessar erwiderte das
Grinsen und meinte:
“Ach kommt, lasst gut
sein! Ihr wisst, dass ich Euch nie absichtlich verletzen würde!“
Dann stellte er sich in
Angriffsposition und machte sich bereit; bei den ersten Schlägen führte
er den Kriegshammer mit etwas zu viel Schwung und musste darauf achten,
nicht nach vorne gerissen zu werden, und konnte die ersten Male mit
seinem Schild einen Sturz gerade noch so verhindern, doch innerhalb
kürzester Zeit konnte er die „Gegner“ ohne große Schwierigkeiten
beseitigen und diese erste, fast schon zu leichte Übung erfolgreich
beenden.
Nachdem dies erledigt
war, positionierte der Zwerg die Puppen neu und bereitete alles für die
zweite Übung vor; er kam zurück zu Elessar und nahm den Schild entgegen,
dann meinte er:
“Die nächste Übung
trainiert den beidhändigen Umgang mit Eurer Waffe; Ihr werdet auf diese
Weise zwar mehr Kraft in den Schlag legen können, seid aber dadurch,
dass Ihr näher an den Gegner müsst und einen Gegenangriff nicht blocken
könnt, auch verwundbarer. Achtet also darauf, nach Eurem Schlag
rechtzeitig genug Abstand zwischen Euch und die gegnerische Waffe zu
bringen! Es gilt erneut, drei Gegner zu bezwingen; diesmal sind sie, um
den Effekt zu simulieren stärker gerüstet, aber Ihr habt auch fünf
Schläge, um sie auszuschalten.“
Der Paladin nickte und
umfasste den Schaft des Kriegshammers mit beiden Händen; dann schritt er
langsam auf die Puppen zu und überlegte, wie er die Schläge beidhändig
am besten anbringen könnte, ohne Gefahr zu laufen, dem Gegner - wenn es
denn zu gegebener Zeit einmal ein lebender Gegner wäre - quasi ins
offene Messer beziehungsweise Schwert zu laufen. Er entschied sich für
waagerecht geführte Schläge und nahm die erste Puppe in Angriff, doch
dies schien nicht der richtige Weg, denn auch nach dem fünften Schlag
stand die Puppe, wenn auch arg lädiert, noch immer. So beschloss er, es
bei der nächsten mit schräg von oben nach unten geführten Schlägen zu
versuchen und diese Technik schien erfolgversprechender. Mit jedem
Schlag spürte er, wie er sicherer wurde und die vierte Puppe hatte er
dann sogar mit nur vier Streichen der mächtigen Waffe dermaßen
zertrümmert, dass sie wohl irreparabel war. Erfreut, dass solche
Missgeschicke wohl im Preis für die Ausbildung inbegriffen waren, wandte
er sich leicht außer Atem an den Zwerg und lachte diesen an.
“Seid Ihr soweit
zufrieden?“
Brandur nickte nur, denn
er hatte, nachdem ersichtlich wurde, dass Elessar die Übung erfolgreich
beenden würde, schon begonnen, die nächste Übung zu ersinnen; er hatte
bereits weitere Puppen aufgestellt, die jedoch weiter verstreut auf
einer mit Stroh bedeckten Fläche der riesigen Trainigshalle standen. Er
entschuldigte sich kurz und verließ den Raum, nur um kurz darauf mit
einem Angestellten der Akademie zurückzukehren, der ein Pferd am Zügel
führte. Der Zwerg hielt sich in gebührendem Abstand zu dem Tier und warf
immer wieder misstrauischen Blicke in dessen Richtung und sprach dann zu
dem Priester:
“Eure dritte Einheit
werdet Ihr zu Pferde absolvieren; da Eure Zos..., Euer Pferd keine
Kampfausbildung hat, werdet Ihr dieses uns freundlicherweise von der
Akademieleitung zur Verfügung gestelltes Tier nehmen. Man hat mir
versichert, dass es recht friedlich“, in Gedanken fügte er hinzu
„was ich überhaupt nicht glauben kann“ und fuhr laut fort “und
just für solche Ausbildungszwecke gedacht ist.“
Der Zwerg deutete auf
die Puppen, die er aufgestellt hatte und erklärte dann:
“Wenn Ihr Eure Waffe
vom Pferd aus zu nutzen gedenkt, müsst Ihr vor allem darauf achten, dass
Euch der Schwung Eures Schlages nicht vom Rücken des Pferdes reißt, vor
allem dann nicht, wenn Ihr Euer Ziel verfehlen solltet. Und natürlich
müsst Ihr aufpassen, dass Ihr das Tier nicht verletzt... Es gilt wieder,
drei Puppen mit jeweils drei Schlägen zu bezwingen!“
Der Paladin trat zu dem
Pferd, dessen Zügel der Angestellte der Akademie ihm reichte, doch er
flüsterte dem Tier einige elfische Worte ins Ohr und nahm ihm dann
Sattel und Zügel ab; er kraulte die Stute zwischen den Ohren, dann
schwang er sich vorsichtig auf ihren Rücken und ließ sich von Brandur
den Kriegshammer reichen. Mit leichtem Schenkeldruck gab er der Stute zu
verstehen, was er wollte und machte sich bereit, einen Angriff auf die
Puppen zu reiten. Wie der Zwerg zuvor gewarnt hatte, lief Elessar
mehrmals Gefahr, vom Schwung seiner Schläge vom Rücken des Pferdes
gerissen zu werden, doch glücklicherweise konnte er sich immer im
letzten Moment fangen und einen Sturz vermeiden. Das Tier fasste nach
und nach mehr Vertrauen zu seinem elfischen Reiter und so konnte der Elf
sich durchaus auch einmal an der Mähne festhalten, um den Schwung eines
Schlages abzufangen und so gelang es ihm ohne größere Probleme, die
Trainigseinheit erfolgreich zu beenden.
Elessar lenkte die Stute
zurück zu Brandur, wobei er sich sichtlich keine große Mühe gab, das
Tier auf Abstand zum Zwergen zu halten, der auf dieses Verhalten mit
einem griesgrämigen Gesicht reagierte. Als der Elf abgestiegen war und
sich mit einigen freundlichen Worten von dem Tier verabschiedet und ihr
freundschaftlich den Hals geklopft hatte, atmete der Zwerg sichtbar auf,
als es von dem Angestellten der Akademie hinausgeführt wurde. Seine
Miene wirkte wieder etwas freundlicher und er nickte Elessar zu:
“Das war schon recht
ordentlich! Zum Abschluss der Übungen habe ich mir gedacht, dass Ihr
noch ein paar Überkopfschläge trainieren solltet...“ Mit einem
Lachen fuhr er fort “.. und wenn Ihr nicht genau auf Eure Schläge
acht gebt, benötigt Ihr zumindest für heute kein Bad mehr!“
Der Gevatter deutete auf
eine Art Holzgestell, an dem in regelmäßigen Abständen Tonkrüge hingen
und zwar in einer Höhe, die knapp zwei Handbreit über des Elfen Kopf
lag.
“Die Krüge sind mit
Wasser gefüllt und Ihr solltet die Krüge so zerschlagen, dass Ihr
möglichst nicht nass werdet. Wenn Ihr mit zehn Schlägen nicht mindestens
fünf der Krüge trockenen Hauptes erwischt, dürft Ihr wieder von vorne
beginnen!“
Der Paladin verzog keine
Miene und machte sich wortlos an seine Aufgabe, denn was hätte er
angesichts dieser kleinen Rache des Zwerges auch sagen sollen; er
näherte sich den Tonkrügen und schwang den Kriegshammer über seinem Kopf
und suchte eine günstige Position, um den ersten Topf zu zerschlagen,
ohne dass sich der Inhalt über ihn ergoss. Anscheinend hatte er eine
gute Position gefunden, denn die ersten beiden Schläge saßen genau und
kaum ein Tropfen des Wassers benetzte den Elfen, doch dann geschah das
„Unglück“. Elessar erwischte den Krug, der schräg über ihm baumelte,
nicht richtig und mit einem Platschen ergoss sich der gesamte Inhalt
über ihn. Das Wasser rann ihm über das Gesicht und tropfte in seinen
Kragen und lief seinen Oberkörper hinab; ja, er würde eine Menge Zeit
damit verbringen dürfen, das Kettenhemd trocken zu legen, damit es nicht
zu rosten begann. Er schüttelte das Wasser aus den Haaren und nahm den
nächsten Tonkrug ins Visier, doch auch dieser und die nächsten beiden
erwischte er nicht und so triefte er alsbald wie ein begossener Pudel.
Während Brandur die Angelegenheit belustigt beobachtete und sich das
Lachen nur mühsam verbeißen konnte, machte der Paladin sich umso
verbissener an die verbliebenen Krüge, denn er verspürte wenig Lust,
noch weiter zu machen und möglicherweise noch einmal von vorne zu
beginnen; so konzentrierte er sich und schaffte es, die restlichen vier
Tonkrüge zu zerschlagen, ohne dass er das Opfer eines weiteren
Wasserschwalls wurde.
Nach der Übung benötigte
Elessar einige Zeit, bis er soweit trocken war, dass er sich
einigermaßen frei bewegen konnte, ohne dass man das Geräusch des Wassers
in seinen Stiefeln bei jedem Schritt hören konnte und auch der Zwerg
hatte sich wieder soweit im Griff, dass er nicht bei jedem dieser
Geräusche hämisch grinste oder kicherte. Wieder mit ernster Miene meinte
er schließlich:
“Ich denke, Ihr seid
soweit durch, aber zum Abschluss schlage ich einen kleinen Übungskampf
vor. Wir haben vom letzten Mal och eine kleine Rechnung offen und ich
will sehen, ob Ihr noch einmal so viel Glück habt! Also auf, nehmt Euren
Hammer und greift mich an!“
Mit zwei schnellen
Schritten stand Brandur auf dem Plane und drohte dem Paladin mit seiner
Kampfaxt; da Elessar jedoch wusste, dass der Zwerg ihn nur verunsichern
und zu einem unbedachten Schritt verleiten wollte, nahm er langsam
seinen Kriegshammer und seinen Schild auf und begab sich dann langsam zu
dem Zwerg. Fast zu bedächtig näherte er sich, nur um dann unerwartet und
mit einem aufwärts gerichteten, anfangs hinter dem Schild versteckten
Schlag anzugreifen. Entweder wollte der Zwerg ihm den ersten Schlag
bewusst überlassen, oder er hatte ihn tatsächlich nicht kommen sehen,
auf jeden Fall traf Elessar mit einer Wucht, die Brandur zwei Schritte
rückwärts taumeln lies. Doch er fing sich ebenso schnell und attackierte
den Paladin ebenso heftig, dass auch dieser den Schlag nicht abblocken
konnte.
Dann umkreisten die
beiden sich eine Weile und taxierten einander, um keinem den Vorteil
eines weiteren Überraschungsangriffes zu gönnen, doch wieder gelang es
dem Elf unerwartet anzugreifen und den folgenden Gegenangriff zum Teil
abzuwehren. Doch beide Gegner schenkten sich nichts und so trennten sie
sich, um sich erneut zu umkreisen. Der nächste Angriff erfolgte von
beiden fast zeitgleich und mit einer Wucht, die die beiden erst einmal
zu Boden gehen ließ; keuchend lag Brandur auf dem Rücken und der Elf
kniete in seiner Nähe und beide waren sichtlich erschöpft. Doch mit
einem Blickwechsel wurde klar, dass niemand an ein vorzeitiges Ende
dachte; der Kampf sollte entschieden werden, wenn auch nicht durch den
Tod eines der beiden. Sie rafften sich auf und trennten sich ein paar
Schritte, um noch ein wenig zu verschnaufen; dann stellten sie sich
erneut in Position; mit dem Mut der Verzweiflung ließ Elessar seinen
Schild fallen und rannte gegen Brandur an; er setzte zu einem mächtigen
Beidhandschlag an und konnte in dem Moment, in dem er erkannte, dass der
Zwerg nicht mehr die Kraft hatte, diesen Angriff abzuwehren, seinen
Schwung nur mit Mühe zurückhalten; trotzdem traf er die Brustplatte der
Zwergenrüstung und dieser ging zu Boden. Sofort ließ der Paladin seine
Waffe fallen und fiel neben seinem Freund auf die Knie; er flößte ihm
einen Heiltrank ein und lächelte, als dieser die Augen wieder aufschlug:
“Ihr habt mir einen
großen Schrecken eingejagt, mein Freund! Leider ist Eure Rüstung nun
schon wieder zerbeult, aber ich bin froh, dass Euch sonst nichts weiter
fehlt! Ich hoffe, dass wir damit meine Ausbildung als beendet ansehen
können...“
Noch sichtlich
erschöpft, nickte Brandur lediglich und ließ sich von Elessar aufhelfen;
der Elf reichte ihm die Hand und zog ihn auf die Beine, dann klopfte er
ihm freundschaftlich auf die Schulter:
“Lasst uns den Tag im
Gasthaus beschließen!“
So verließen die beiden
die Akademie, nachdem der Priester bei Lurenz am Empfang 500 Münzen
hinterlegt und sich verabschiedet hatte und machten sich auf den Weg ins
nächste Gasthaus, wo sie zum krönenden Abschluss des Tages ausgiebig
feierten.
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